3. Verständnis von Beteiligung

Im Folgenden wird mit Beteiligung die Einflussnahme von Kindern und Jugendlichen, in einigen Zusammenhängen auch jungen Erwachsenen auf alle sie betreffenden Lebensbereiche bezeichnet, seien es soziale Räume (Deutscher Bundestag 2020, S. 15 und 133ff.), Themen und Inhalte, seien es Verfahren und Strukturen o. a. Es geht also um den Einbezug in Entscheidungs- und Ausgestaltungsprozesse, um Mitbestimmung und Mitwirkung. Zentral ist dabei, dass Beteiligung nicht äußerlich bzw. dekorativ bleibt, sondern auf wirkmächtige und nachhaltige Mitwirkung abzielt, dass also Beteiligung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen „relevante Auswirkungen auf Entscheidungen hat“ (Straßburger/Rieger 2019b, S. 17).

Zu den vor allem für Kinder und Jugendliche zentralen Räumen gehören Sozialräume wie die Familie, die Kindertagesbetreuung, die Schule, der Stadtteil, das direkte Wohnumfeld oder die vielfältigen Angebote der Kinder- und Jugendarbeit oder der Hilfen zur Erziehung, aber auch digitale Plattformen. Ebenso vielfältig wie die Räume können die Themen und Inhalte von Beteiligung sein: Vorhaben und Entscheidungen politischer Institutionen wie zum Beispiel von Stadträten bzw. Kreistagen, den Landtagen oder des Deutschen Bundestages sowie den Kommunalverwaltungen und Ministerien, die das Leben junger Menschen beeinflussen, aber auch einrichtungsinterne Themen, wie die Ausgestaltung von Räumen, des Angebotes und der Planung von Ausflügen und Freizeiten.

Eine wesentliche Voraussetzung eines derartigen Beteiligungsverständnisses ist die Verfügbarkeit realer und wirkmächtiger Handlungs- und Entscheidungsräume für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Die hierfür notwendigen Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten und Mitverantwortung müssen die erwachsenen Akteure den jungen Menschen einräumen – wobei zu berücksichtigen ist, dass sich dies in den jeweiligen Konstellationen sehr unterschiedlich konkretisiert. Von elementarer Bedeutung ist zudem, dass der Zugang zu Beteiligungsmöglichkeiten transparent und so inklusiv wie möglich gestaltet ist. Hierbei ist wichtig, dass junge Menschen entsprechend ihres Alters und ihrer Fähigkeiten, ihrer sozioökonomischen Situation, ihres rechtlichen Status, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Identität, ihres Bildungsstands oder ihrer gesundheitlichen Verfassung unterschiedlicher Formen der Ansprache und des Zugangs bedürfen. Das umschließt die Notwendigkeit, Belange junger Menschen mit Behinderungen mitzudenken. Zugleich ist stets anzuerkennen, dass Beteiligung auf Freiwilligkeit beruht und junge Menschen das Recht haben, sich nicht zu beteiligen.

Sich in Beteiligungsprozesse einzubringen bedeutet, andere Anliegen wahrzunehmen, für eigene Anliegen oder die anderer einzutreten und sich auf gemeinsame Lösungen zu verständigen. In Abwägung der verschiedenen gesellschaftlichen Interessen in einer lebendigen Demokratie ist die Erfahrung von Selbstwirksamkeit2 grundlegend. Diese Erfahrungen leisten einen Beitrag dazu, dass Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene ihr Handlungsrepertoire erweitern, demokratische Prozesse erfahren und reflektieren und neue Kompetenzen entwickeln.

2 Selbstwirksamkeit wird dabei als die Ausbildung einer Haltung und Überzeugung verstanden, die in die Lage versetzt, das eigene Leben zu meistern und herausfordernde Situationen bewältigen zu können.